Waldbauern vermarkten direkt

MÜNSTERLAND. Holz ist knapp in Deutschland. Sehr knapp. Und teuer. Handwerksunternehmen müssen wegen Materialmangels Kurzarbeit anmelden. Bau-Innungen bitten die Politik, in den Markt einzugreifen. Rettung – zumindest fürs Münsterland – könnte da ein Projekt aus der Forstwirtschaft und -verwaltung bringen: eine Versteigerungsplattform der Waldbauern. „Das funktioniert so ähnlich wie bei Ebay“, sagt Heinz-Peter Hochhäuser, Leiter des Regionalforstamts Münsterland bei Wald und Holz NRW.

Es war Ende April, als Jochen Sudbrack, Inhaber der Firma Sander aus Münster, die Nase voll hatte von den Problemen bei der Holzbeschaffung und die NLF GmbH fragte, ob er nicht direkt aus dem Waldbesitz Fichtenabschnitte für den Einschnitt einer Dach­konstruktion kaufen könne. Die NLF organisiert die Vermarktung der Waldbesitzer. Und er konnte. Sudbrack freute sich: „Wenn ein Waldbesitzer ein breites Angebot an Fichtenrundholz anbietet, erschließt er sich einen weiteren Absatzweg und das Handwerk hat eine Rohstoffquelle, die weniger abhängig vom internationalen Schnittholzmarkt ist.“

Denn genau das ist das aktuelle Problem: Bauholz ist extrem knapp oder teilweise gar nicht lieferbar, weil die Nachfrage vor allem aus China und den USA gewaltig ist. Der Preis für Dachlatten ist von 40 Cent auf über 1,60 Euro gestiegen. Die Folge: Kunden müssen monatelang auf die Bearbeitung ihrer Aufträge warten, manches Gewerk auf den Baustellen liegt bereits still.

Und das alles, obwohl die Waldholzpreise eigentlich eher moderat sind. „Ein Paradoxon“ sei das, findet Hochhäuser. „Da hat sich die Verbrauchernachfrage von der Produktion komplett entkoppelt.“ So entstand die Idee, eine regionale Direktvermarktung für Handwerksbetriebe im Münsterland über das Internet zu organisieren. „Damit sich Handwerksbetriebe direkt beim Waldbesitz mit Holz eindecken können, wollen wir die Versteigerungsplattform der Forstwirtschaftlichen Vereinigung Münsterland nutzen.“

Man habe das Projekt vom Holzeinschlag über den Transport bis zum Einschnitt und zur Trocknung bei einer Tischlerei in Greven begleitet. „Trotz eines sogar überdurchschnittlichen Holzpreises im Wald konnte der Handwerksbetrieb unterm Strich sein Schnittholz weit unter dem derzeitigen Marktpreis beschaffen“, erklärt Forstexperte Hoch­häuser.

Frank Tischner, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Steinfurt-Warendorf, nennt die Idee „einen wichtigen Beitrag zur Versorgung der Handwerksunternehmen“. Auch Philipp Freiherr Heereman, Vorsitzender des Waldbauern­verbandes NRW, zeigt Inter­esse: „Selbst wenn nur einige Handwerksbetriebe im Münsterland die Chance ergreifen und sich an der Auktion beteiligen, um sich Holzreserven und Aufträge zu sichern, können durch die steigende Nachfrage endlich wieder marktgerechte Preise erreicht werden.“

Inzwischen nimmt die Idee Fahrt auf: Über die Forstbetriebsbezirke des Regionalforstamts sind bereits einige Hundert Festmeter von Waldbesit­zen­den aus dem Münsterland für die erste Online-Versteigerung in Aussicht gestellt worden. Gut 1000 Festmeter sollen es schon werden. Die Premieren-Auktion ist ab dem 8. September um 10 Uhr für 14 Tage freigeschaltet. Heinz-Peter Hochhäuser: „Dieser Versuch ist einmalig in ganz Deutschland!“ www.fwv-holzversteigerung.de  (Quelle: WN 21.08.2021)

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